Kirchliche Friedhöfe – eine besondere Verantwortung
Die Kirche hat das staatlich anerkannte Recht, eigene Friedhöfe anzulegen und zu unterhalten sowie Friedhofs- und Gebührenordnungen zu erlassen. Sie kann damit wie die Kommunalgemeinden Trägerin von Friedhöfen sein. Friedhofsträger ist, wer einen Friedhof in eigener Verantwortung betreibt und verwaltet – unabhängig vom Eigentum am Friedhofsgrundstück. Dies sind im kirchlichen Bereich regelmäßig die Kirchengemeinden oder die von mehreren Kirchengemeinden zur gemeinsamen Verwaltung von Friedhöfen nach dem Kirchengemeindestrukturgesetz (RS 103) gebildeten Friedhofsverbände.
Bedeutung der Friedhofsträgerschaft
Wer einen Friedhof betreibt, nimmt Aufgaben wahr, die eigentlich dem Staat obliegen (würdige Totenbestattung). Das gilt besonders, wenn es am Ort keinen anderen Friedhof gibt (sogenannter „Monopolfriedhof“). Kirchliches Handeln vollzieht sich damit im Friedhofswesen an einer der sensiblen Schnittstellen von Staat und Kirche.
Rechtliche Grundlagen
Dies hat zur Folge, dass sämtliches kirchliches Handeln in diesem Bereich einer Rechtsgrundlage bedarf, die rechtsstaatlichen Grundsätzen genügt. Dabei sind sowohl die staatlichen Friedhofs- und Bestattungsgesetze, als auch die kirchlichen Rechtsvorschriften zu beachten. Das Kirchengesetz über die evangelischen Friedhöfe – Friedhofsgesetz ev. – (RS 590) erfüllt dabei zugleich im Wesentlichen die Funktion einer Friedhofsordnung, so dass eigene Regelungen des Friedhofsträgers nicht erforderlich sind, soweit das Gesetz solche nicht ausdrücklich fordert (Erlass von Gesamt- und Belegungsplänen, Gebühren- und Entgeltordnung, Festlegung von Öffnungs- und Bestattungszeiten, vgl. § 52 Abs. 3 Nr. 1 Friedhofsgesetz ev.). Das Gesetz eröffnet dem Friedhofsträger aber an verschiedenen Stellen die Möglichkeit, die gesetzlichen Festlegungen zu konkretisieren oder von diesen abzuweichen (vgl. § 52 Abs. 3 Nr. 2 Friedhofsgesetz ev.). Hierbei sind die Vorschriften über die öffentliche Bekanntmachung zu beachten (vgl. § 53 Friedhofsgesetz ev.).
Gebühren und Entgelte
Bis auf die Friedhofsträger in Berlin, für die eine durch die Kirchenleitung als Rechtsverordnung beschlossene einheitliche Gebührenordnung gilt (RS 593), müssen alle Friedhofsträger eine Gebührenordnung erlassen, die den gesamten Bereich hoheitlicher Tätigkeit von der Annahme der Beerdigung bis zur Gruftschließung abdecken muss. Die Grundsätze des Gebührenrechts sind im Kirchengesetz über die Erhebung von Gebühren – Gebührengesetz ev. – (RS 518) festgeschrieben. Die Gebühren sind so zu bemessen, dass alle Kosten des Friedhofes gedeckt werden können, sie dürfen den voraussichtlichen Aufwand aber nicht überschreiten (vgl. § 5 Abs. 1 Gebührengesetz ev.). Ein Gebührenkalkulationsrechner ist unter www.friedhoefe.ekbo.de/arbeitshilfen abrufbar. Die Gebührenordnung ist durch den Gemeindekirchenrat zu beschließen und im kommunalen Amtsblatt zu veröffentlichen (vgl. § 3 Abs. 2 Gebührengesetz ev.).
Die Gebührenfestsetzung ist ausschließliche (hoheitliche) Aufgabe des Friedhofsträgers. Selbst wenn er sich zur Erfüllung seiner Aufgaben der Leistungen Dritter – etwa eines Bestattungsunternehmens für Gruftmacherdienste – bedient, muss er entsprechende Gebührentatbestände in der Gebührenordnung vorsehen und gegenüber den Hinterbliebenen die Gebühren durch Bescheid festsetzen. Unzulässig ist es, die Abrechnung mit den Hinterbliebenen den Dritten zu überlassen.
Leistungsentgelte
Von den hoheitlichen Gebühren sind die privatrechtlichen Leistungsentgelte – etwa für Grabpflegeleistungen – zu unterscheiden. Die Friedhofsträger außerhalb Berlins sollen hierfür eine Entgeltordnung erlassen (§ 49 Friedhofsgesetz ev.), in Berlin gilt eine durch die Kirchenleitung erlassene einheitliche Entgeltordnung (RS 594). Über die Entgelte muss eine gesonderte Rechnung (bei Überschreiten der nach dem Steuerrecht maßgebenden Grenzen zzgl. Mehrwertsteuer und unter Beachtung der steuerrechtlichen Formvorschriften) erstellt werden. Ansprüche sind im Streitfall im Zivilrechtsweg einzuklagen.
Friedhofshaushalt
Der Friedhofshaushalt ist separat zu führen und muss sich in Einnahmen und Ausgaben ausgleichen. Einnahmen aus Gebühren und Grabpflegevorauszahlungen dürfen nicht zu allgemeinen Zwecken der Kirchengemeinde herangezogen werden, andere Einnahmen nur in Form eines inneren Darlehens (§ 42 Friedhofsgesetz ev.).
Verwaltungsakte und Widerspruchsverfahren
Bei Gebührenbescheiden, Entscheidungen über Umbettungsanträge sowie bei den sonstigen Entscheidungen des Friedhofsträgers, die die Benutzung der Friedhöfe betreffen, handelt es sich um Verwaltungsakte, die mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen sind.
Wird gegen einen solchen Verwaltungsakt Widerspruch erhoben, hat zunächst der Friedhofsträger zu prüfen, ob er dem Widerspruch abhelfen kann. Kommt er zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch nicht gerechtfertigt ist, hat er den Widerspruch mit dem Verwaltungsvorgang und einer Stellungnahme dem Konsistorium als zuständiger Widerspruchsbehörde vorzulegen und der/dem Widerspruchsführer:in eine kurze Abgabenachricht zu erteilen. Der Friedhofsträger ist nicht berechtigt, einen Widerspruchsbescheid zu erlassen.
Gibt das Konsistorium dem Widerspruch statt, hebt es den angefochtenen Bescheid auf. Der Friedhofsträger hat der/dem Widerspruchsführer:in dann grundsätzlich die ihm entstandenen Kosten zu erstatten.
Weist das Konsistorium den Widerspruch zurück, steht der/dem Widerspruchsführer:in der Rechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten offen. Beklagter im Gerichtsverfahren ist der einzelne Friedhofsträger.
Umbettung – Schutz der Totenruhe
Umbettungen – also das Verlegen von Verstorbenen in ein anderes Grab – gehören zu den häufigsten Streitfällen auf Friedhöfen. Der Schutz der Totenruhe ist wegen seiner Verankerung in der Menschenwürdegarantie des Grundgesetztes von hohem verfassungsrechtlichen Rang.
Daher gilt:
Eine Umbettung ist nur auf Antrag und Zustimmung des Friedhofsträgers erlaubt.
Die Genehmigung darf nur bei einem wichtigen Grund erteilt werden (→ § 26 Abs. 1 Friedhofsgesetz ev.).
Maßgeblich ist dabei der tatsächliche oder mutmaßliche Wille der verstorbenen Person.
Nur in Ausnahmefällen kann auch ein berechtigtes Interesse der antragstellenden Person zählen.
Da der Friedhofsträger somit Garant der Totenruhe ist, sind Entscheidungen über Ausbettungsanträge dem Gemeindekirchenrat vorbehalten (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2 Friedhofsgesetz ev.).
Schließung, Entwidmung und Abgabe der Trägerschaft
Wird der Friedhof insgesamt oder in Teilen nicht mehr für Bestattungen benötigt, kann der Friedhofsträger die Schließung der Gesamt- oder Teilfläche verfügen. Damit sind ab dem festgelegten Zeitpunkt entweder nur noch Bestattungen in solchen Grabstätten, an denen bereits Bestattungsrechte bestehen – also insbesondere Wahlgrabstätten – zulässig (sog. beschränkte Schließung, vgl. § 5 Abs. 1 Friedhofsgesetz ev.) oder ausnahmslos gar keine Bestattungen mehr (sog. Schließung, vgl § 5 Abs. 2 Friedhofsgesetz ev.).
Nach Ablauf aller Nutzungsrechte und Ruhefristen kann auch die Entwidmung des Friedhofs beschlossen werden (vgl. § 6 Friedhofsgesetz ev.). In sämtlichen Verfahren sind die nach Landesrecht zuständigen staatlichen Stellen zu beteiligen und die kirchenaufsichtliche Genehmigung des Konsistoriums einzuholen (bei der beschränkten Schließung besteht eine bloße Anzeigepflicht an das Konsistorium).
Wer Träger eines Friedhofes ist, muss nicht zugleich auch Eigentümer des Friedhofsgrundstückes sein. Dies eröffnet die Möglichkeit, die Trägerschaft von solchen Friedhöfen, deren Unterhaltung die Kirchengemeinde nicht mehr leisten kann, durch Verhandlungen mit der Kommunalgemeinde auf diese zu übertragen, ohne dass deshalb auch das Eigentum am Friedhofsgrundstück abgegeben werden müsste. Entsprechende Musterverträge können beim Konsistorium angefordert werden.
Ruherechtsentschädigung
Für Gräber von Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft gilt ein ewiges Ruherecht, d.h. sie dürfen nicht aufgelöst oder neu belegt werden.
Damit die Pflege dieser besonderen Gräber dauerhaft gesichert ist, erhalten Friedhofsträger eine Ruherechtsentschädigung. Das ist eine finanzielle Unterstützung nach dem Gräbergesetz (RS 608).
Anträge können gestellt werden bei:
Berlin: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
Brandenburg: Ministerium des Innern
Sachsen: Landesdirektion Sachsen
Der Anspruch auf Ruherechtsentschädigung besteht zusätzlich zu einer eventuell gezahlten Pauschale der Kommune für die Pflege der Kriegsgräber.